Bericht vom Korea Prime Minister Cup

Bericht vom Korea Prime Minister Cup

Letztes Jahr war die Welt für den Europäischen Go-Kongress bei uns zu Gast in Leipzig/Markkleeberg – nun freuen wir uns über Gegeneinladungen in alle Welt. Nachdem EGC-Organisator René Scheibe im Frühjahr schon die Weiqi Association Henan in China besucht hatte, waren er und Peter Gerbach nun im September zum 19. Korea Prime Minister Cup in Taebek eingeladen.

Bei dem achttägigen Turnier traten sechzig Spielerinnen und Spieler aus sechzig Ländern an. Deutschland war mit Martin Ruzicka (5D) vertreten, der einen respektablen 21. Platz holte. Gewinner des Turniers wurde Tianyi Liu (7D) aus China, gefolgt von Chen-en Chung (7D) aus Taiwan und – eine kleine Sensation – Valerii Krushelnytskyi (7D) aus der Ukraine. 

(v.l.n.r.) Chen-en Chung, Tianyi Liu, Valerii Krushelnytski, Bong-su Jung
Martin R. (links)

Unsere kleine Zwei-Mann-Delegation aus Leipzig nahm natürlich nicht am Haupt-Turnier teil, hatte aber viele Gelegenheiten für spannende Partien. Highlight für René war die Teilnahme am Pair Go Turnier, zusammen mit Seunhyung Lee, Siegerin des EGC 2023 Womens Tournament. Als besonderes Element wurden hier die ersten Sätze zufällig ausgewürfelt. Für Peter war es das Simultan-Go mit Do Eunkyo, deren YouTube-Kanal Go Inside er schon lange verfolgt.

Peter und Do Eunkyo
Seunghyun Lee und René Scheibe beim Random Opening Pair Go

Neben den Spielen gab es Ausflüge und Dinner, Pokerabende und Partys, und im Anschluss an das Turnier noch einige Tage in der Hauptstadt Seoul, wo eine kleine Gruppe für gemeinsame Unternehmungen wieder zusammenkam. Unter anderem besuchten sie den ersten Amateur-Go-Club in Seoul, der erstaunlicherweise erst seit zwei Jahren existiert, zur Jubiläumsfeier.   

Spieletreff mit koreanischen Amateuren
Aussicht vom Seoul Tower (mit Go Leipizg Sticker)

Es war spannend zu hören, dass nicht nur die Europäer mit großen Augen nach Asien schauen, sondern auch die asiatische Go-Welt Anregung in Europa findet. In Europa sind die professionellen Strukturen und der Spitzensport zwar weitaus weniger ausgebaut, dafür herrscht auf Turnieren oftmals eine entspanntere Atmosphäre, da Go eben vornehmlich nicht als Leistungssport, sondern als Freizeitgestaltung verbreitet ist und auch das soziale Miteinander für viele eine wichtige Rolle spielt.   

So erzählte Goenhoe Kim, der Organsiator des Korea Prime Minister Cup, dass er die Atmosphäre beim Europäischen Go-Kongress in Leipzig sehr genossen und viele Anregungen in seine Turnierplanung mitgenommen hat. Auch von ihrem Besuch in Korea haben René und Peter viele Eindrücke und Idee mitgenommen, von denen sie uns anderen im Club bestimmt noch wochenlang erzählen werden. :)

Vielen Dank an Goenhoe Kim sowie den Präsidenten der Korea Baduk Federation Bong-Su Jung für die Einladung!


KPMC-Bericht von Turnierteilnehmer
Martin Ruzicka

Nachdem im vorherigen Artikel die Eindrücke des Begleitprogramms schon sehr schön beschrieben wurden, möchte ich hier meine Erfahrung als Teilnehmer schildern.

Nach dem Anreisetag am Freitag gab es am Samstag die Eröffnungszeremonie und die erste Runde, danach jeweils zwei Runden pro Tag. Es gab eine recht zügige Bedenkzeit von 20 Minuten + 20 Sekunden Fischer-Zeit. Eine Runde dauerte somit 2h, maximal 2.5h.

Die ersten beiden Runden fanden öffentlichkeitswirksam in einer Turnhalle mit Presse und zahlreichen Zuschauenden statt. Unter den Zuschauenden befanden sich unter anderem der Bürgermeister von Taebaek, ein Abgeordneter des koreanischen Parlaments und einige Profis. Go hat in Korea doch einen sehr anderen Stellenwert, und das haben wir auch bemerkt! Parallel fand in der Turnhalle ein Kinder- und ein Senioren-Turnier statt. Wir vermuteten, dass die Kinder bereits stärker als die meisten KPMC-Teilnehmenden sein dürften.

Martin Ruzicka 5D und Pascal (Alejandro) Nunez (Mariot) 1k

In Runde Eins konnte ich mit einem soliden Sieg gegen einen 1 Kyu aus der Dominikanischen Republik starten. Danach traf ich direkt auf den japanischen 7 Dan. Der sollte später noch den koreanischen Turnierfavoriten schlagen. Ich habe die ersten Komplikationen noch gut gemeistert, danach aber vollkommen überzogen gespielt. In verzweifelter Position habe ich ein All-In versucht, bin gestorben und habe aufgegeben.

Martin Ruzicke und Tsubasa Kawaguchi 7D (Japan)

In Runde drei wechselten wir den Spielort ins Hotel, dort waren außer vereinzelten Pressevertretern nur noch die Teilnehmenden anwesend. Ich wurde gegen einen jungen malaysischen 5 Dan (Foto) gelost. Die Partie ist sehr früh sehr kämpferisch geworden. Leider konnte er mir zeigen, dass ich nicht sauber genug gerechnet habe, und ich bin gestorben. Nach einigen verzweifelten Versuchen habe ich aufgegeben. 1:2 nach drei Runden war nicht der erhoffte Zwischenstand, ich setzte mir jetzt ein 5:2 als Ziel.

Song He Kwee 5D (Malaysia) und Martin Ruzicka

In Runde 4 durfte ich gegen einen 1 Dan aus Madagaskar (siehe Foto aus dem vorherigen Artikel) spielen und habe solide gewonnen.

In der Nachmittagsrunde habe ich gegen Davide Grasso, einen frischgebackenen 2 Dan aus Italien gespielt, auch diese Partie habe ich solide nach Hause gebracht. Zum Ende des dritten Tages hatte ich also einen Zwischenstand von 3:2 – der Traum vom 5:2 lebte noch.

Am letzten Tag spielte ich in Runde 6 gegen Cezary Czernecki, einen 4-5 Dan aus Polen. Für mich war das keine Wunschpaarung, da ich in unserer letzten Begegnung eine unangenehme Niederlage erfahren musste.

Ich nahm mir vor, die Partie unvoreingenommen und solide zu spielen, doch wie das mit hehren Zielen immer so ist, gelang es mir nicht ganz. Direkt in der ersten Sequenz spielte ich überzogen und musste plötzlich schmerzhaft mit einer Gruppe klein am Rand leben, während zwei andere Gruppen getrennt wurden.

Zu meinem Glück, nahm er sich aber selbst unnötig eine wichtige Freiheit weg, weshalb das Blatt sich wendete. Jetzt konnte ich stattdessen ihn angreifen. Der daraus resultierende Kampf hat sich über das ganze Brett gezogen und ich konnte immer wieder Punkte machen. Chancen für ihn gab es trotzdem, aber am Ende habe ich eine Gruppe von ihm getötet und die Partie gewonnen; Revanche geglückt und mit 4:2 lebte auch der Traum noch.

In der letzten Runde traf ich auf einen weiteren bekannten Gegner: Denis Dobranis, 6 Dan aus Rumänien. Ich fand leider nie wirklich in die Partie hinein. Ich versuchte vieles, aber er hatte immer sehr gute, solide Antworten auf meine Züge und am Ende musste ich mir eingestehen, dass er die Partie verdient gewonnen hat. Mit dem Sieg gegen mich konnte er sich den Preis für den höchstplatzierten Europäer außerhalb des Podiums sichern. Valerii, 7 Dan aus der Ukraine und wohnhaft in Köln, hat mit seinem 6:1 einen sensationellen dritten Platz erzielt, Glückwunsch dazu!

Ich schloss das Turnier mit meinem 4:3 auf Platz 21 ab und bin damit zufrieden.

Besonders über meine ersten vier Paarungen habe ich mich sehr gefreut. Es waren wirklich Gegner aus aller Welt, diesen Menschen wäre ich sonst nie begegnet.

Die vielen neuen Gesichter waren für mich ein großes Highlight des Turniers. Beim gemeinsamen Mittag- und Abendessen, und abends bei verrückten Go-Varianten konnte ich viele neue Leute aus aller Welt kennenlernen und bestehende Bekanntschaften vertiefen. So lernte ich, dass in Lateinamerika Go zurzeit einen echten Boom erlebt, mit vielen sehr motivierten Spielenden und einer schnell wachsenden Gemeinschaft.

Das begleitende Paargo-Turnier habe ich mit Quynh Anh Ha, 6 Dan aus Vietnam gespielt. Dazu kann ich eine kleine Anekdote erzählen. Vor 9 Jahren war ich für 3 Monate zum Go trainieren in Korea, gemeinsam mit Matias Pankoke und Johannes Walka aus Deutschland und anderen Kindern aus der ganzen Welt. Mit dabei war auch eine gewisse junge Vietnamesin, die damals vielleicht 5 Kyu war. Inzwischen konnte sie schon zwei Mal die Amateur-Damen-WM gewinnen. Auch beim KPMC erreichte sie mit 5 Siegen einen beachtlichen 8. Platz. Unsere Bilanz war mit 1:3 ausbaufähig, aber die Partien waren alle sehr witzig. Cool, wie man sich so wiedertrifft!